Chronik 1914 – 1995
Das Jahr 1914 stand im Zeichen des Beginns des 1. Weltkrieges und unserer 75-Jahrfeier. Aus unserem Verein mussten mehrere Mitglieder den Waffenrock tragen, ebenso unser Dirigent, Herr Riedel. Oberlehrer Hunger übernahm die Dirigentschaft und Gestaltung des Jubiläums. Das Programm wurde wie folgt durchgeführt:
Samstag
09.00 Uhr Marsch ab Stadtgrenze mit Mundharmonikaorchester durch den Ort, Singen einiger Ständchen für die Mitglieder
10.00 Uhr Frühstück in Fiedler`s Gaststätte, danach Abmarsch zum Restaurant Schill, Treffen mit Sängerfrauen und Brudervereinen
15.00 Uhr Singen im Gartenlokal
19.00 Uhr Chorkonzert im Gasthof „Grünes Tal“ Rottluff
Sonntag
09.00 Uhr Ehrung verstorbener Mitglieder
10.00 Uhr Frühschoppen und Singen bei Schill`s Gaststätte
13.00 Uhr Kinderfest und gemütliches Beisammensein im Vereinslokal
Durch den 1. Weltkrieg wurde das Vereinsleben bis 1918 sehr beeinträchtigt, danach waren die Singstunden ebenfalls sehr schlecht besucht. Obwohl Herr Riedel gesund aus dem Krieg zurückkehrte und die Leitung wieder übernahm, löste sich der Verein fast auf. Zur völligen Auflösung kam es zum Glück nicht, es wurden hin und wieder Singstunden abgehalten. Ab 1921 wurde Herr Arthur Thalmann neuer Dirigent, sein Honorar betrug 6 Reichsmark je Singstunde. Für den so genannten Notgroschen wurde 1921 die Spartelkasse eingeführt, sie hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten. Nach 23 Jahren Vereinsvorsitz verstarb am 22.März 1923 der Sänger Bernhard Steuer. Der Chor sang fast vollzählig zur Trauerfeier.
Am Anfang des Jahres 1923 wurden Aktivitäten eingeleitet, um die beiden Rottluffer Chöre zu vereinigen. Dies wurde notwendig, da je Ort nur ein Chor in den Arbeitersängerbund aufgenommen werden konnte. Am 28. August vollzog man die Vereinigung der Männergesangsvereine Rottluff zur „Sängervereinigung Männergesangsverein- Fröhlichkeit“ Rottluff. Es waren über 100 aktive Sänger und man wurde Mitglied im „Deutschen Sängerbund“.
Es begann die Zeit der finanziellen Probleme der Vereine. Ein Beispiel von uns soll dies belegen. Um die Schulden und laufenden Verpflichtungen zu erfüllen, wurde eine Hut-Sammlung unter den anwesenden Sängern durchgeführt. Als Erlös wurden 196 500 000,- Mark abgerechnet. Die Inflation hatte den Verein fest im Griff …
Für die Jahre 1923 bis 1935 liegen keine zuverlässigen Aufzeichnungen vor. Ältere Gesprächsnotizen belegen zwei Konzerte von 1926 und 1927 im Ballhaus „Wiesenburg“.
1929 fuhren 61 Sänger mit dem Fahrrad zur Hochzeit des Sängers Arno Steuer nach Lugau.
Jährlich wurden auch die Gräber verstorbener Sänger am Totensonntag geschmückt.
Auch von der 90-Jahrfeier fehlen Berichte, fest steht jedoch die Schenkung einer 2. Fahne mit Weihe durch den Vorsitzenden des „Erzgebirgischen Sängerbundes“ Horst Ludwig.
Bis 1933 verringerte sich die Mitgliederzahl auf vier Personen, es war also nur noch ein Quartett aktiv. Dies waren die Mitglieder Biegler, Heinze,
Herold und Fuchs.
Per Verfügung wurde der Verein 1933 aufgelöst. Nachdem durch politische Einflüsse das Chor- und Vereinsleben neu gegliedert wurde, konnte am 1. Januar 1936 die Neumeldung verkündet werden. Georg Kubitz machte sich für den Verein verdient, Liedermeister wurde Paul Martin. Mit zunächst bis zu acht Mitgliedern wurde am 2. Weihnachtsfeiertag ein Frühschoppen organisiert. Alten Sängern ist die schnelle Reorganisation und Rückgewinnung der Mitglieder zu danken. Selbstlos stellten sich die Sangesbrüder Oskar Hähnel, Emil Großer, Emil Kunze, Max Maier und Arno Steuer dem Verein zur Verfügung.
Am 1. Januar 1937 stehen in der Mitgliederliste 49 Ehrenmitglieder und 32 Sänger. In der Zeit des Faschismus erlebte der Chor zunächst unter Paul Martin einen Aufschwung. Der Chor nahm an der Feier zum 50-jährigen Bestehen des Männerchors „Harmonie“ Reichenbrand teil. Elf Vereinsmitglieder erhielten die silberne Vereinsnadel. Damit dankte der 1. Vorstand den Veteranen des Vereins.
1938 fand in Frankenberg ein Kreissängertreffen statt. Wir nahmen daran teil. Im Ballhaus „Hohenzollern“ veranstalteten wir ein Konzert. Es wurde beschlossen, sich der Arbeitsgemeinschaft Chor anzuschließen. Ziel war die gegenseitige Unterstützung bei größeren Vorhaben. Die Arbeitsgemeinschaft bestand aus drei Männerchören, zwei gemischten Chören und einem Orchesterverein. Im Krankenhaus Rabenstein wurde für
unser Mitglied Fritz Wolf gesungen, aus diesem Besuch wurde die Tradition jährlicher Krankenhaussingen in Rabenstein. Das geplante Wintervergnügen musste wegen Maul- und Klauenseuche ausfallen.
Am 17. Juni 1939 beging unser Chor sein 100- jähriges Bestehen. Unter Mitwirkung von Edith Mädler (Sopran) und des ersten Chemnitzer Salonorchesters schloss sich der Feierstunde ein geselliger Abend an. Wir erhielten eine Ehrenurkunde des „Deutschen Sängerbundes“. Die Frauen überreichten zwei Schleifen für die Vereinsfahnen. Das für Sonntag geplante Massensingen musste wegen Dauerregen auf den 25.Juni verschoben werden. Auf dem Sportplatz fand nun ein regelrechtes Volksfest statt. Alle Beteiligten waren voll zufrieden. Im September begann der Krieg zunächst gegen Polen und Frankreich, unser geplantes Konzert wurde abgesagt. Georg Iharandt übernahm kommissarisch die Chorleitung, Emil Großer am 10.08.1939 den Vereinsvorsitz. Im 2. Weltkrieg erlitt auch unser Chor herbe Verluste. Die Sänger wurden zum Dienst verpflichtet oder mussten in den Fabriken Überstunden leisten. Einzelne Sänger wurden von den Nazis inhaftiert.
Aufgrund der vielen Fliegeralarme und der damit verbundenen Verdunklungsverpflichtung fielen häufig unsere Singstunden aus. Während dieser Zeit retteten die Sangesbrüder Biegler, Uhlig, Schmidt und Schnabel den Verein vor der Geschäftsbetriebsaufgabe. Sie traten noch öffentlich auf.
Am 23. Juni 1945 fand die erste Hauptversammlung nach Kriegsende statt.
Fritz Sänger wurde erster Vorstand, Kurt Döhler übernahm die Dirigententätigkeit. Vereinslokale waren von 1945 bis 1947 das Restaurant „Zur Post“ Rottluff und bis 1949 das „Grüne Tal“ in Rottluff, ab 1950 war es das „Naturtheater“ in Rabenstein. Von 1946 bis 1949 wurden wir der „Deutschen Volksbühne“ angegliedert. 1949 fand ein Massensingen auf dem Chemnitzer Käthe-Kollwitz-Platz statt. Zu unserem 110-jährigen Jubiläum sangen wir vor der Rottluffer Schule und im Rabensteiner Park.
Am 23. August 1951 überreichten unsere Frauen zu einem Konzert vor 200 Gästen im „Goldenen Löwen“ Rabenstein einen großen Glasstiefel, dieser wurde am Abend mehrfach geleert. Am 8. Dezember 1951 veranstaltete die gesamte Chemnitzer Sängerschaft im Gasthof Reichenbrand ein Chorkonzert. Ständige Wechsel in der Vereinsführung und Liedermeistertätigkeit begleiteten uns fortan bis 1954. Mit der Auflösung der „Volksbühne“ wurden wir im April 1954 der Kulturgruppe des Schleifscheibenwerks Rottluff angeschlossen. Im November 1954 beteiligten wir uns an den Weltfestspielen der Kulturvereine im RFT-Klubhaus „Wiesenburg“.
Im November 1959 feierten wir unser 120-jähriges Bestehen. Mit dem Orchester „Stradella“ wurden im Elektrowerksaal drei Proben abgehalten. Am 7. November füllten etwa 500 Gäste den festlich geschmückten Saal. Wir wurden mit Blumen, Diplomen und dankenden Worten geehrt. Wir beendeten das Konzert mit dem Lied „Lied ist das Leben“. Es folgte Tanz, Heiterkeit und Frohsinn bis in den nächsten Morgen.
Die 125-Jahrfeier erfolgte im „Goldenen Löwen“ Rabenstein. Gäste waren der Männerchor Jahnsbach und die Chorvereinigung Altendorf. Wir sangen in schwarzen Hosen und einheitlichem Binder über weißem Hemd. Die Eröffnung erfolgte durch unseren Chor mit Beethovens Lied: „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre“. Der Männerchor Jahnsbach schenkte uns eine Pyramide im Motiv der Greifensteine, unsere Frauen übergaben ein schönes Sparschwein. Weiterhin erhielten wir Geldspenden und Urkunden. Ein Blasorchester eröffnete gegen 21 Uhr den Tanz.
Wenig Nennenswertes ereignete sich in den folgenden Jahren. Dokumentiert ist ein Chorkonzert der Arbeitsgemeinschaft „Chor West“, gemeint ist der Stadtbezirk.
Dieses fand am 28. und 29. April 1963 im Chemnitzer Opernhaus unter Begleitung des Orchesters „Stradella“ statt. Zur Arbeitsgemeinschaft gehörten die Männerchöre Altendorf, Ammonsiedlung, Borna, die 1. Maschinenfabrik und wir. Gemeinsam waren wir etwa 150 Sänger.
Ab 1975 leitete Hans Georgi unseren Chor.
Nächstes großes Ereignis war unser 140. Jubiläum, welches in der Tannenmühle begangen wurde. In der Pelzmühle fand aus gleichem Anlass ein Chorkonzert statt. In diesem Saal war es möglich, etwa 300 Gäste teilnehmen zu lassen, der Saal im „Goldenen Löwen“ Rabenstein fasste nur etwa 200 Gäste. Mehrere Zugaben wurden verlangt. Zum Tanz spielte die Kapelle „Armin Günther“. Neben den Feiern entsprechender Jubiläen leisteten wir aber auch intensive und exakte Chorarbeit. Regelmäßig sangen wir in Altersheimen und Krankenhäusern.
Als Rabenstein ein lohnenswertes Urlaubsziel für den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund wurde, sangen wir bis zu 6 Mal jährlich zu Urlaubersingen, zumeist in der Brauerei Rabenstein. Jährlich fand unser Chorkonzert statt. In der HO-Gaststätte „Klubhaus Klement Gottwald“
erhielten wir regelmäßig großen Beifall des Publikums. Jährlich fanden Aktivenvergnügen und Weihnachtsfeier statt, „runde“ Mitgliedschaften
wurden geehrt.
1988 wurden wir als Dank erfolgreicher Chortätigkeit in der Stadthalle Chemnitz mit dem Titel „Hervorragendes Volkskunstkollektiv der DDR“ geehrt. In Vorbereitung auf unsere 150. Jahrfeier übten wir den Sängerspruch des Liedermeisters Hans Georgi: „Ein Lied so hell, so klar
und rein, so schön in Harmonie, aus Rottluff und aus Rabenstein erklingt die Melodie“.
Am 16.09.1989 feierte der Männerchor Rottluff sein 150-jähriges Bestehen mit einem Chorkonzert. Im festlich geschmückten Saal des Stadtkulturhauses „Klement Gottwald“ stand der Chor erstmals in einheitlicher Garderobe auf der Bühne. Das vom Liedermeister Hans Georgi geleitete Konzert war ein voller Erfolg. Blumen und Glückwünsche übermittelten: der Patenbetrieb SKU Dresden- Betriebsteil Rottluff, die Baustoffversorgung Karl-Marx-Stadt, der MC „Einklang“ aus Burgstädt, der Handwerkerchor, der Stadtbezirk West und die Firma Heß aus Rottluff. An diesem Tag konnte der Verein auch ein langjähriges Mitglied auszeichnen.
Der Sangesbruder Fritz Sänger feierte seinen 100. Geburtstag und gleichzeitig sein 70-jähriges Vereinsjubiläum.
Zur Hauptversammlung des Jahres wurde Elmar Müller zum neuen Vorsitzenden gewählt.
Ab dem 01.10.1991 wurde die Raststätte „Felsendome“ unser neues Übungslokal. Am 11.10.1991 besuchte uns eine Abordnung des MC Enger 1848. Es wurden in den Felsendomem einige gemeinsame Lieder gesungen und ein Gegenbesuch vereinbart. Höhepunkt im Vereinsleben von 1991 war das Ständelsingen bei unserem ältesten Vereinsmitglied, Sangesbruder
Fritz Sänger, anlässlich seines 102. Geburtstages. Er verstarb 1992, kurz vor seinem 103. Geburtstag. 1992 fuhren 12 Mitglieder unseres Vereins nach Enger, um die angebahnten Beziehungen weiter zu festigen.
1993 war der Chor aus Enger mit Ehefrauen bei uns zu Gast. Mit zwei Bussen besuchten wir zunächst die Augustusburg und sangen dort in der Schlosskapelle. Nächste Etappe war die Annenkirche in Annaberg-Buchholz. Auch hier sangen beide Chöre gemeinsam, so „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre“, was unter den zahlreichen Zuhörern großen Anklang fand.
Am 03.01.1994 wurde unser Chor unter der Nummer VR 1210 in das Vereinsregister des Amtsgericht Chemnitz eingetragen. Es wurde eine Satzung erstellt und jedem Mitglied ausgehändigt.
1994 fuhren wir mit unseren Frauen in einem Schulbus zu unserem Bruderverein nach Enger. Gemeinsam besuchten wir den Teutoburger Wald, das Hermannsdenkmal, die Externsteine und eine Adlerwarte. Am Abend wurde im Vereinslokal ein zünftiges Sängerfest durchgeführt.
Am 05.11.1994 beging unser Männerchor sein 155-jähriges Jubiläum. Es waren mehrere Chöre eingeladen, jedoch nur der Kammerchor Röhrsdorf konnte seine Mitwirkung ermöglichen. Es war ein sehr gelungenes Konzert.
Am 13. Januar 1994 begleitete unser Chor „Gottlieb Wendehals“ bei einer Fernsehaufzeichnung in der Stadthalle Chemnitz. Es war Carmen Nebel`s Sendung „Musik für Sie“.
Vom 25. bis 27 Mai 1995 statteten die Sangesbrüder aus Enger mit Frauen einen Gegenbesuch ab. Zunächst ging es mit zwei Bussen nach Freiberg. Es wurde im Dom gemeinsam „Sanktus“ und „Frieden“ gesungen. Es war ein herrliches Klangerlebnis! Die Fahrt ging weiter in die sächsische Hauptstadt Dresden. Zuerst wurde die Semperoper besichtigt und beide Chöre konnten auf der Bühne vor etwa 250 Zuhörern ihr Können unter Beweis stellen. Beifall! Nach einem Stadtbummel ging es zurück in unser Vereinslokal zum
Spanferkelessen und feuchtfröhlicher Runde. Wir pflanzten unser Geschenk, einen Wallnussbaum, auf den Vorplatz der Felsendome Rabenstein.
Am nächsten Tag, nach einem ausgiebigen Frühstück und einigen gemeinsamen Liedern in den Felsendomen, hieß es Abschied nehmen.